Zen-Schüler fragen ihren Meister warum er so zufrieden ist.

Er antwortet:
„Wenn ich sitze, dann sitze ich,
wenn ich stehe, dann stehe ich,
wenn ich gehe, dann gehe ich,
wenn ich esse, dann esse ich,
wenn ich liebe, dann liebe ich, …“

Die Schüler sagen:
„Das tun wir auch, aber was machst du darüber hinaus?“

Der Meister erwiderte:
„Wenn ich sitze, dann sitze ich,
wenn ich stehe, dann stehe ich,
wenn ich gehe, dann gehe ich,
wenn ich esse, dann esse ich,
wenn ich liebe, dann liebe ich, …“

Wieder sagten die Schüler:
„Aber das tun wir auch, Meister.“

Aber der Meister entgegnete:
„Nein, wenn Ihr sitzt, dann steht ihr schon,
wenn ihr steht, dann geht ihr schon und
wenn ihr geht, dann seid ihr schon am Ziel.“

Achtsamkeit ist eine besondere Form der Aufmerksamkeit, eine Qualität des menschlichen Bewusstseins, sprich des bewussten Seins, die auf den gegenwärtigen Augenblick gerichtet ist. Achtsamkeit bedeutet präsent zu sein, sich selbst zu begegnen, aufzuwachen.

So wie der Atem nur im Jetzt geschieht, wir den vergangenen Atemzug nicht wiederholen können, noch den nächsten Atemzug vorziehen können, so können wir einzig in der Gegenwart leben. Wir können die Vergangenheit nicht verändern, noch können wir unsere Zukunft vorwegnehmen, auch wenn wir noch so gerne planen.

John Lennon hat einmal gesagt: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“

Wir können unserem Leben zwei Richtungen geben. Entweder wir hadern, streben permanent nach Glück, Anerkennung, usw. beziehungsweise nach dem, was wir gerade nicht haben, ohne zu erkennen, was bzw. dass wir alles haben, oder wir nehmen es so an, wie es ist und lernen mithilfe der Achtsamkeitspraxis mit den Umständen, die wir nicht beeinflussen können, umzugehen und die schönen Dinge, die uns gegeben sind, zu erkennen und zu schätzen.

Das erste Wort im ersten Vers des ersten Kapitels des Patañjali Yoga Sūtra, dem Leitfaden des Yoga von Patañjali (siehe Buchempfehlungen), eine der wichtigsten philosophischen Schriften des Yoga, ist das Sanskrit-Wort atha.

Atha bedeutet wörtlich jetzt, nun, ist aber ebenso ein glücksverheißendes Wort. Wir können es als Glück empfinden, jetzt mit unserer Achtsamkeitspraxis zu beginnen, jetzt unser Leben bewusst zu gestalten.

Das englische Wort present bedeutet sowohl Geschenk, als auch Gegenwart. Im deutschen nutzen wir das Wort Präsent für Geschenk oder als Verb präsent (sein) für gegenwärtig (sein). So können wir den gegenwärtigen Moment als Geschenk betrachten.

Es gibt mittlerweile viele Studien zum Thema Yoga, Achtsamkeit und Meditation. Ein Vorreiter auf diesem Gebiet ist Prof. Jon Kabat Zin, ehemaliger Schüler des vietnamesischen Zen-Mönches Thich Nhat Hanh. Er gründete 1979 die Stress Reduction Clinic in Massachusetts und entwickelte hier die Methode der Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR, deutsch: Achtsamkeit basierende Stressreduktion), die Elemente des Haṭha Yoga, Vipassanā und Zen enthalten.

Zen ist eine japanische Strömung des Mahayana-Buddhismus, die wesentlich vom Daoismus beeinflusst wurde. Das Wort Zen leitet sich von dem Sanskrit-Wort dhyāna (Meditation; meditative Versenkung) ab.

Vipassanā bedeutet wörtlich Einsicht und findet im Theravada-Buddhismus seinen Ursprung, ist aber nicht religionsgebunden. Vipassanā-Meditation bedeutet folglich Einsichts-Meditation. Nach der Rede des Buddha von den Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit (Satipaṭṭhāna Sutta (Sūtra)), werden in der Vipassanā-Meditation die  folgenden vier Grundlagen der Achtsamkeit  praktiziert:

1. Achtsamkeit auf den ganzen Körper

2. Achtsamkeit auf die Gefühle/Empfindungen (Bewertungen: positiv, negativ, neutral)

3. Achtsamkeit auf den Geist/Geistesinhalte und das Bewusstsein (wechselnde Zustände des Geistes: konzentriert,
abgelenkt, verwirrt, …)

4. Achtsamkeit auf die Geistesobjekte/mentale Objekte (Dinge, die im Augenblick wahrgenommen werden)

Durch kontinuierliches Üben der Achtsamkeitspraxis, kann es uns im Laufe der Zeit möglich sein, eine erhöhte Aufmerksamkeit in den Alltag zu integrieren. Das praktizieren der Achtsamkeit kann zu jeder Zeit in allen Situationen des Lebens erfolgen. Indem wir uns in unseren alltäglichen Situationen beobachten, uns ganz bewusst wahrnehmen in unserem Fühlen, Denken und Handeln, kommen wir uns selbst immer näher, erkennen, wie wir in verschiedenen Situationen agieren oder reagieren und können auf diese Weise eine positive Veränderung von Denkmustern und Verhaltensweisen herbeiführen. 

Ein Youtube-Video zum Thema Achtsamkeit der Neurowissenschaftlerin Britta Hölzel findest Du in meiner Mediathek.

Ich wünsche Dir viel Freude an der (Selbst-)Beobachtung.

Sei gut zu Dir!