„Die Meditation auf das Licht im Herzen, wird uns die wahre Natur des Geistes enthüllen.“
(P.Y.S. 3.34)

Von Meditation haben viele schon einmal etwas gehört. Der ein oder andere hat sie selbst schon praktiziert oder es zumindest versucht. Wer schon mal meditiert hat, kann sicher bestätigen, dass es gar nicht so leicht ist, sich „einfach“ auf ein Kissen oder einen Hocker zu setzen, um still zu werden. Irgendwann meldet sich der Körper, die Beine schlafen ein oder der Rücken schmerzt, weil wir das lange aufrechte sitzen nicht gewohnt sind. Auch aufkommende Gedanken können uns aus unserer Zentrierung bringen. Doch im Laufe der Zeit wird sich unser Körper an das lange sitzen gewöhnen und es wird uns mehr und mehr gelingen, unsere Gedanken kommen und gehen zu lassen.

Wie ich schon im letzten Beitrag erwähnt habe, dienten und dienen die Körperhaltungen des Yoga der Vorbereitung auf das lange sitzen in der Meditation. Die Atemtechniken unterstützen uns dabei, den Geist zur Ruhe zu bringen.

Aber was ist Meditation? Wo will sie uns hinführen, bzw. was ist ihr Ziel?

Im Yoga Sūtra des Patañjali (Leitfaden des Yoga) wird der achtgliedrige Pfad (aṣṭa – acht, anga – Glied) beschrieben, der uns auf unserem Yogaweg begleitet. Diese acht Glieder sind:

P.Y.S. 2.29

• Yama – Die Haltung unserer Umwelt/Umgebung/Mitmenschen gegenüber
• Niyama – Die Haltung uns selbst gegenüber
• Āsana – Das Praktizieren der Körperübungen
• Prāṇāyāma – Das Praktizieren der Atemtechniken
• Pratyāhāra – Das Nach-Innen-Richten der Sinne
• Dhāraṇā – Das Ausrichten des Geistes
• Dhyāna – Das kontinuierliche verweilen des Geistes in der Ausrichtung; Meditation
• Samādhi – Die vollkommene Erkenntnis, tiefes Verstehen, vollständige Vereinigung

Die acht Glieder führen uns schrittweise von außen in unser tiefstes Inneres. Die ersten fünf Glieder sind äußere Aspekte des Yoga, die wir aktiv durch üben beeinflussen können. Die letzten drei Glieder sind innere Zustände, die wir geschehen lassen. Die obige Reihenfolge bedeutet nicht, dass der Yoga so geübt werden soll. Im Laufe unserer persönlichen Entwicklung wird sich zeigen, welche dieser Schritte zu gegebener Zeit für unser Vorankommen gerade wichtig sind.

Meditation ist ein Zustand vollkommener Versenkung, einer tiefen Innschau, den wir durch regelmäßiges praktizieren erreichen können. Wach, aufrecht sitzend, die Sinne nach innen gerichtet.

Zunächst einmal führt uns die Meditation zu uns selbst. Sie ist das Fahrzeug, das uns zu unserem wahren Wesenskern bringt, zu einem vollständigen Verständnis über uns und unsere (Um-)Welt. Doch Samādhi, die vollkommene Erkenntnis über etwas, was sich uns zuvor noch nicht erschlossen hat, ist nicht das Ende oder die letztendliche Erleuchtung, wie es oft dargestellt wird, sondern vielmehr erst der Anfang. Denn was machen wir mit dieser Erkenntnis, wenn wir von unserem Meditationskissen aufstehen und wieder in den Alltag zurückkehren? „Nach der Erleuchtung Wäsche waschen und Kartoffeln schälen“ lautet der Titel eines Buches des Meditationslehrers und Autors Jack Kornfield (siehe „Buchempfehlungen“). Es sollte uns ein Anliegen sein, diese Erkenntnis in unseren Alltag zu integrieren, um damit unser Leben und das Leben unseres Umfeldes/unserer Mitmenschen zu bereichern. Durch Meditation stellt sich ein Gefühl der Verbundenheit ein, ein Gefühl des Eins-Seins. Wie innen so außen, wie außen so innen. 

Jeder von uns trägt ein Licht in seinem Herzen. Dieses Licht erhält durch die Meditation die Möglichkeit größer zu werden, sich auszubreiten in alle Bereiche unseres Seins.
Es bringt uns dazu, mitfühlend uns selbst gegenüber zu sein, vor allem, wenn uns das Praktizieren einmal nicht so gut gelingen mag oder im Alltag etwas schief läuft. Wenn wir uns selbst liebevoll begegnen und uns mit unserem So-Sein annehmen können, werden wir in der Lage sein, dieses Licht aus Verständnis und Mitgefühl auch anderen zukommen zu lassen.

Es sind Etappenziele, die wir durch Meditation erreichen können. Mal große und mal kleine. „Erleuchtung“ ist kein Dauerzustand. Die tiefe Erkenntnis erhellt uns für eine gewisse Zeit. Die Kunst besteht darin, das Erkannte nach außen zu bringen.
Dabei wünsche ich Dir viel Freude und Erfolg!

Bis zu nächsten Mal. Sei gut zu Dir!